Interview mit Brauhaus-Technikleiter Christoph Benseler und Marketingleiter Ingo Schrader

Interview im Brauhaus

 

Welches waren aus ihrer Sicht die Themen, die das vergangene Geschäftsjahr 2021 geprägt haben?

Christoph Benseler: Das waren vor allem Investitionen in erheblichem Umfang, vor allem auch in Technik und damit in die Zukunft des Unternehmens. Dabei haben wir es als mittelständische Brauerei aus eigener Kraft geschafft, die Themen Nachhaltigkeit, Klimaschutz und Energieeffizienz in den Mittelpunkt zu stellen. Und bei alledem sind wir bei der Regionalität auch noch einen großen Schritt voran gekommen.

War das Projekt Regionale Braugerste im ersten Jahr erfolgreich?

Christoph Benseler: Nicht nur das, es hat auch in der Branche für ein großes Interesse gesorgt, dass eine mittelständige Brauerei wie die Einbecker circa 15 Prozent der notwendigen Braugerste für die Marke Einbecker jetzt regional anbaut. Das wird gerade in Zeiten von drastisch steigenden Preisen und der Sorge vor Versorgungsengpässen bei Rohstoffen wie Malz immer wichtiger. Die sieben Landwirte, die im ersten Jahr auf rund 140 Hektar Fläche fast 800 Tonnen Braugerste geerntet haben, haben mittlerweile eine große Verbundenheit untereinander und zu uns entwickelt. Da ist eine Partnerschaft entstanden, die auf Vertrauen fußt und die fachlich untereinander ihre Erfahrungen austauscht. Gemeinsam waren wir mit den Landwirten in der Mälzerei in Kulmbach, hatten zuvor schon die Ernte gemeinsam gefeiert. Wir werden im nächsten Jahr noch einmal die Fläche für Regionale Braugerste vergrößern, weil ein weiterer Landwirt mitmacht. Und die Mehrheit der Landwirte wird Saatgut des Einbecker Unternehmens KWS verwenden – regionaler geht’s bald nicht mehr.

Beim Einbecker Brauhaus AG wird künftig aus genutztem Brauwasser neue Energie entstehen?

Christoph Benseler: Ja, wir gewinnen mit unserer neuen innovativen, vom Land Niedersachsen geförderten Biogasanlage aus vorhandenen Biosubstraten durch mikrobiellen Abbau den erneuerbaren Energieträger Biogas. Pro Jahr werden wir dann etwa 1000 Tonnen CO2 einsparen, ein großer Beitrag zum Klimaschutz. Und wir werden energetisch unabhängiger. Die Umwandlung in elektrische und thermische Energie im brauereieigenen Blockheizkraftwerk erfolgt CO2-neutral. Wir verwirklichen das Projekt außerdem in regionaler Kooperation mit der für technische Innovation bekannten Start-up-Firma FlexBio Technologie GmbH, die in Einbeck ansässig ist. Über diese Zusammenarbeit mit Partnern aus unserer Region freuen wir uns besonders. Die vier Container der Anlage werden unterhalb des Parkdecks stehen, und damit oberhalb der Abwassermisch- und Ausgleichsbecken. Dort laufen außerdem bereits jetzt die gesamten Abwasser-Entsorgungsleitungen entlang, so dass der Aufwand für zusätzliche Rohrleitungen gering war.

Energie sparen Sie künftig auch durch die Erneuerung der Lüftung und die Dachsanierung in der Abfüllanlage?

Christoph Benseler: Der Austausch der alten Lüftung war ein großer Eingriff in die Gebäudestruktur, aber wir haben dadurch nicht nur durch neue Lüftungsmöglichkeiten das Raumklima für unsere Mitarbeiter in der Abfüllung verbessert. Durch parallele Messung von Temperatur und Luftfeuchtigkeit sowie viele auf den Raum verteilte Zuluftquellen kann eine Steuerung die Zuluftqualität und -quantität den aktuellen Gegebenheiten anpassen und so das Raumklima konstant halten. Auch der energetische Zustand des Gebäudes wurde verbessert. Wir sparen Energie durch die Wärmerückgewinnung, durch ein sicheres Abführen von Wärme und Feuchtigkeit. Die neue LED-Beleuchtung trägt dazu bei, dass die Halle lichter und heller geworden ist.

Ingo Schrader: Wir haben in der Abfüllung außerdem den Besuchergang abgekapselt. In Richtung der Abfülllinie wurde eine große Fensterfront installiert. Dadurch ist der Schalldruckpegel im Besuchergang deutlich reduziert worden, das erhöht künftig auch zusätzlich die Qualität unserer Brauereiführungen.

Welche technischen Investitionen in Effizienz und Nachhaltigkeit gab es außerdem, die für Außenstehende nicht so sichtbar sind?

Christoph Benseler: Es handelt sich hierbei um mehrere Einzelbaustellen in der Produktion, die in sich miteinander verknüpft sind und in Zukunft deutlich mehr Flexibilität schaffen. Mit diesen Schritten stellt sich das Einbecker Brauhaus deutlich nachhaltiger im wirtschaftlichen, aber auch im ökologischen Sinne auf. Zusätzlich wird die Arbeit durch Standardisierung und Automation deutlich erleichtert. Wir verbessern das Management der Vor- und Nachläufe in der Filtration, um die Bierverluste  zu reduzieren. Der Ventilknoten des Drucktankkellers wurde erneuert und an die Entalkoholisierungs-Anlage angebunden. Durch die Erweiterung bestehender und die Schaffung neuer Rohrverbindungen zwischen einzelnen Bereichen wird spürbar mehr Drucktankkapazität zur Verfügung stehen. In der Folge werden Filtrations- und Abfüllprozesse deutlich effektiver. Durch einen neuen Inline-Mischer können jetzt Biermischgetränke in Echtzeit und in der Menge flexibel hergestellt werden, da feste Chargen-Größen entfallen. Diese müssen nicht mehr im Drucktank „zwischengelagert“ werden. Am Ende werden diese neuen Möglichkeiten über ein neues Prozessleitsystem abgebildet, das nach und nach unser bisheriges Prozessleitsystem auch in allen anderen Bereichen ablösen wird.

Sie mussten außerdem eine Schrotmühle ersetzen?

Christoph Benseler: Weil die Ersatzteile nach 46 Jahren nicht mehr zu bekommen waren, wurde die bisherige Mühle nach mehr als 50.000 Suden in den Ruhestand geschickt und wieder eine Sechs-Walzen-Mühle installiert, die in ihrer Bauart schlanker und auch erheblich leichter ist, aber ein vergleichbares Leistungsvermögen hat. Gleichzeitig haben wir auch die Malzkonditionierung erneut. Diese hat die Aufgabe, durch Befeuchtung des Malzes vor dem Schroten die Spelzen (Kornumhüllung) elastischer zu machen. Dadurch werden diese beim sich anschließenden Schrotungsprozess nicht zerstört, denn aus ihnen setzt sich der für den Läuterprozess notwendige Treberkuchen zusammen.

Für die Besucher sichtbarer ist die Sanierung des bisherigen Filterraums, des einstigen Sudhauses. Was soll hier entstehen?

Ingo Schrader: Hier soll in einer hybriden Nutzung sowohl ein Besucherraum mit Ausschankmöglichkeit und begehbarer Empore als Besprechungsraum geschaffen als auch ein Flüssigzuckertank für die Versorgung des neuen Inline-Mixers aufgestellt werden. Außerdem wird es dort Stellfläche für die Holzfasslagerung geben: Unsere ersten Einbecker Spezialböcke, die im Jack Daniels Whiskey-Holzfass nachreifen konnten, kommen gut an. Und später kann im Alten Sudhaus vielleicht noch einmal ein Kleinsudwerk entstehen.

Sie setzen bei den Flaschen-Etiketten auch auf Nachhaltigkeit?

Ingo Schrader: Alle Etiketten der Einbecker Bockbiere werden nun auf Naturpapier statt auf aluminium-bedampftem Papier gedruckt; es gibt nur noch eine partielle Folienveredlung. Wir verzichten außerdem bei vielen Artikeln auf die Flaschenhalsfolie aus Staniol. Der Unterschied zwischen den verschiedenen Bockbieren wird durch die Kronkorken in Sortenfarbe differenziert. Wir brauchen die noch vorhandenen Etiketten aber zunächst noch auf und stellen schrittweise um. Der Inhalt Flaschen bleibt selbstverständlich unverändert.  

Auch vor den Toren der Stadt, im Logistikzentrum an der Hansestraße, hat sich Einiges getan…

Christoph Benseler: Wir haben dort auf zusätzlichen 2000 Quadratmetern Außenfläche Platz für 6000 Paletten oder 250.000 Bierkästen geschaffen. Außerdem haben wir im Logistikzentrum die Lkw-Zufahrt verlegt, damit ein kreuzungsfreier Stapler-Verkehr ungestört vom Lkw-Verkehr ablaufen kann.

(Das Interview hat am 15. März 2022 stattgefunden)

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