Einbecker Hauptversammlung 2023

Nachhaltigkeit wird zum Erfolgsfaktor.

Eine stärkere Fokussierung auf das Thema Nachhaltigkeit stellt nach den Worten des Einbecker-Brauereichefs „mittlerweile einen wichtigen Erfolgsfaktor dar, der zukünftige Dividenden sichern wird und in Krisenjahren und bei Marktschwankungen die Resilienz der Gesellschaft stärkt“. Das sagte Martin Deutsch heute bei der Hauptversammlung der Einbecker Brauhaus AG. Die Brauerei profitiere als starke Marke in Niedersachsen vom Verbraucherwunsch nach Regionalität und kurzen Lieferwegen. „Daher setzt die Brauerei bewusst, wo dies möglich ist, auf Rohstoffe aus der Region. Wir verwenden zunehmend regionale Braugerste aus Südniedersachsen“, sagte Deutsch vor rund 300 Anteilseignern in der PS-Halle.

„Mit 99,8 Prozent Mehrweganteil des Markenabsatzes ist das Brauhaus verantwortungsvoll, umweltbewusst und wegweisend“, führte der Vorstand aus. „Neu angeschaffte Mehrwegkästen sind aus schwermetallfreiem Recyclat, und die Flaschen werden 30- bis 50-mal wiederbefüllt, bevor diese über die Wertstofftrennung dem Recyclingkreislauf zugeführt werden.“ Bei der Etikettierung werde überwiegend auf Stanniol verzichtet und Naturpapier eingesetzt. Nur bei einigen Sorten habe man ausschließlich aus Gründen des Wettbewerbs noch nicht umgestellt. Deutsch ließ bei der Versammlung mehrere kurze Videoclips zeigen, die der bekannte Reporter (und Einbecker Bierordenträger) Sven Tietzer („Treckerfahrer dürfen das“) für das Unternehmen gedreht hat.

Auf Basis der CO2-Bilanz nach dem „Greenhouse Gas Protocol“ erarbeitet das Einbecker Brauhaus zurzeit ein Transformationskonzept, um die längerfristige Dekarbonisierungsstrategie des Unternehmens darzustellen. Das Einbecker Brauhaus möchte sich nach den Worten von Vorstand Martin Deutsch bis 2045 klimaneutral aufstellen.

Nörten-Hardenberger habe 2022 beim Verkostungs- und Analysetest von 50 Pils-Bieren durch die Zeitschrift Öko-Test auch deshalb ein „sehr gut“ bekommen, weil die Einbecker Brauerei im Gegensatz zu den meisten anderen Brauereien seit vielen Jahren eine Bierfiltration betreibt, welche frei von Mikroplastik ist. Martin Deutsch: „Auch hier verbinden wir innovativ Nachhaltigkeit mit Konsumenteninteressen.“

Bei Produktion und Abfüllung von Bier entstehe eine Menge an Prozessabwasser, welche um ein Mehrfaches größer sei als die Biermenge, berichtete Deutsch. „Dieses Abwasser wollen wir nutzen: Begonnen im Geschäftsjahr 2022 gehen aktuell eine Biokläranlage mit einem angebundenen Blockheizkraftwerk in Betrieb. Damit decken wir ab sofort mehr als 20 Prozent unseres Bedarfes an Strom selbst.“ Kläranlage und Blockheizkraftwerk sind im bilanzierten Geschäftsjahr 2022 Hauptinvestitionsprojekt.

Bilanz in stürmischen Zeiten: Brauhaus-Vorstand Martin Deutsch präsentierte den Aktionären eine leicht zerzauste Bilanz, die keine Dividende vorsieht. Foto: Frank Bertram

Brauhaus-Vorstand Martin Deutsch hatte den Sturm vor einem Jahr schon aufziehen sehen. Heute teilte der Chef der Einbecker Brauerei bei der Hauptversammlung für das Geschäftsjahr 2022 in der PS-Halle den Aktionären mit, zwar mit einer etwas zerzausten Bilanz, aber wenigstens noch mit einem Gewinn durch das von Energie- und Rohstoffpreis-Explosion sowie Inflation geprägte 2022 hindurch gekommen zu sein. „Innerhalb weniger Monate hat eine Kombination aus Preissteigerungen und Verfügbarkeiten von Roh-, Hilfs- und Betriebsstoffen die Unternehmensplanung 2022 pulverisiert“, sagte Deutsch. Die Verbraucher schauten in Zeiten von steigenden Preisen beim Einkauf genau auf den Bier-Preis. Trotzdem war für die Einbecker wegen der enorm gestiegenen Kosten eine Preisanhebung unumgänglich.

Im Oktober hatte Vorstand Martin Deutsch noch eine Gewinnwarnung an die Börsen geben müssen. Unterm Strich blieben jetzt 330.729,69 Euro als Bilanzgewinn (Vorjahr: 736.000 Euro), die laut Beschluss des Aktionärstreffens auf neue Rechnung übertragen wurden. „Ich bedauere sehr, dass wir unseren Plan verfehlt haben und keine Dividende vorschlagen konnten“, sagte Deutsch. „Das ist nicht mein Anspruch.“ Im kommenden Jahr soll sich das wieder ändern, war er zuversichtlich. Die Beschaffung von Roh- und Betriebsstoffen sei zwar immer noch eine Herausforderung, „allerdings nicht mehr in den exorbitanten Dimensionen des vergangenen Jahres“, sagte Deutsch. Kostete Malz früher 350 Euro pro Tonne, seien es in Spitzenzeiten 800 Euro gewesen; der Preis für neue, energieintensiv hergestellte Glasflaschen habe sich verdoppelt. Der Preis für die bei der Reinigung wichtige Natronlauge sei um das Zehnfache gestiegen.

Die ersten Zahlen aus 2023 lassen laut Brauhaus-Vorstand aber Optimismus zu. Trotz einer weiteren Preiserhöhung zu Jahresbeginn (plus 1,50 Euro pro Kasten) nur neun Monate nach der letzten Preissteigerung liege der Absatz der Einbecker Brauerei über dem Planniveau. Deutsch: „Das schaut momentan sehr gut aus.“ Das neue Mischgetränk „Cora“ (Cola-Orange-Limonade) sei gut in den Markt gestartet und liege über dem Plan, auch die anderen zuckerhaltigen Mischungen wie Radler oder Blutorange verkauften sich gut. Allein das innovative Hopfenfrucht-Mischgetränk (Saft von Beckers Bester mit Einbecker Bier) „tut sich schwer“, sagte Martin Deutsch.

Im Geschäftsjahr 2022 setzte die Einbecker Brauhaus AG mit ihren 129 Mitarbeitern (davon neun Auszubildende) insgesamt 566.000 Hektoliter Bier ab (inklusive Lohnabfüllung), davon bei der Dachmarke Einbecker (375.000 Hektoliter) plus 2,8 Prozent zum Vorjahr. Die Marke Nörten-Hardenberger hat sich mit minus 5,3 Prozent deutlich schlechter entwickelt. Diesen starken Absatz-Rückgang im zweiten Jahr bei niedrigpreisigen Nörtener führte der Brauhaus-Vorstand auf die Preiserhöhung sowie preisaggressive Aktionen der Fernsehmarken-Wettbewerber zurück.

Fast alle Sorten in der grünen Einbecker-Individualflasche haben sich positiv und deutlich besser als der Biermarkt entwickelt. Auch im rückläufigen Pilsumfeld habe Brauherren Pils bei Absatz und Marktanteile gewinnen können, sagte Deutsch. „Mit einem zehnprozentigen Absatzplus haben die Biermischgetränke am besten performt, nach Jahren mit stabiler bis positiver Bockbierentwicklung ist diese Sorte 2022 jedoch um sechs Prozent zurückgegangen.“

Einen ungeplanten Wechsel gab es im Aufsichtsrat: Knut Schiemann hat nach 20 Jahren als Arbeitnehmer-Vertreter seine Tätigkeit im Aufsichtsrat aus persönlichen Gründen beendet. Als Nachfolger wurde Marcus Seidel mit einer Amtszeit bis zur Hauptversammlung 2026 vom Amtsgericht bestellt.

Wechsel im Aufsichtsrat bei den Arbeitnehmer-Vertretern: Knut Schiemann (Bild im Hintergrund, 2.v.l.) hat sein Mandat niedergelegt, Nachfolger Marcus Seidel (auf dem Podium links) war bei der Hauptversammlung dabei. Foto: Frank Bertram

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